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AVISO (12/03/23):
Debido a la gran cantidad de juicios por jurados llevados a cabo en una decena de provincias de Argentina, la AAJJ dejará de publicar crónicas individuales por cada juicio y comenzará a publicar resúmenes mensuales
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martes, 15 de abril de 2025

CHACO, ARGENTINIEN: ERSTE ZIEHUNG INDIGENER GESCHWORENEN

 


Weltweit beispiellos fand am 7. April 2025 in der argentinischen Provinz Chaco unter Regie des Regierungsministeriums der Provinz die Ziehung der indigenen Kandidat*innen für die amtliche Geschworenenliste statt. 

Laut dem Gesetz über die Geschworenengerichtsbarkeit in Zivil- und Strafsachen der Provinz Chaco (2364-A) haben in Gerichtsverfahren, in denen Angeklagter, Beklagter und Opfer indigenen Völkern angehören, auch alle zwölf Geschworenen Mitglieder Teil dieser Gemeinschaften zu sein. Ist nur der Angeklagte oder der Beklagte indigen, halbiert sich diese Zahl auf die Hälfte. 

Obwohl das Gesetz bereits 2015 verabschiedet wurde und die Durchführungsbestimmungen 2019 folgten, dauerte es noch Jahre, bis eine weitere, wesentliche Voraussetzung für seine Implementierung erfüllt wurde: die durch die argentinische Verfassung und internationale Verträge garantierte, freie und informierte Zustimmung der indigenen Bevölkerung selbst.


Regierungsminister Jorge Gómez



Dieser Schritt erfolgte durch einen geduldigen, zehn Jahre andauernden Informations-, Dialog- und Beratungsprozess mit den indigenen Gemeinschaften. Dieser gipfelte in einer interkulturellen Versammlung in der Kleinstadt Juan José Castelli, dem Eingangstor zum Regenwaldgebiet des El Impenetrable, in dem fast 200.000 Indigene. 

Vertreter*innen der drei von der Provinz anerkannten Urvölker – Qom, Wichi und Moqoit – nahmen daran teil und votieren für den Geschworenenprozess. 

Damit erfolgte ein bedeutender Schritt zur Anerkennung und wirksamen Gewährleistung kollektiver Rechte der indigener Gemeinschaften in Argentinien.

Vor einigen Monaten hatte bereits ein erster Strafprozess mit ausschließlich indigenen Geschworenen in El Impenetrable stattgefunden, der in Argentinien und weltweit durch die Presse ging (Spanisch(Englisch(Portuguiesich) (Italienisch) (Französisch) (Deutsch). 

Dass in diesem Prozess zwölf indigene Geschworene der Völker Qom und Wichi die Schuldigkeit des Angeklagten beurteilten, wurde nur möglich, indem Ablehnungsgesuche (voir dire) gegen nicht-indigene Geschwore gestellt wurden.



Nun war das Ziel, eine Liste ausschließlich indigener Geschworenen zu erstellen, die ein Jahr lang zu all jenen Strafverfahren herangezogen werden können, in denen Mitglieder ihrer Gemeinschaften als Opfer oder Angeklagte beteiligt sind. Dadurch wird ein interkultureller Justizansatz gestärkt, der als Wendepunkt hinsichtlich des Geschworenenprozesses in der Justizgeschichte Argentiniens und der Welt betrachtet werden kann.

Über den rechtlichen Aspekt hinaus zeigt sich in der Einführung des indigenen Geschworenenprozesses ein tiefgreifender kultureller Wandel. Erstmals werden zwölf Mitglieder indigener Gemeinschaften aufgefordert, in schweren Strafsachen in voller Autonomie über die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten zu entscheiden Dadurch wird den Prinzipien der Gleichheit vor dem Gesetz und des Zugangs zu einer kulturell angemessenen Justiz Rechnung getragen.

Regierungsminister Jorge Gómez unterstrich, „mit der Zeit werden wir sicherlich sagen können, dass wir Teil dieses historischen Prozesses waren“.



Richterin Emilia Valle, Vorsitzende des örtlichen Amtsgerichts


At the close of the day, the president of the Superior Court of Justice and ardent promoter of the jury system in the country, Emilia Valle, highlighted the institutional significance of the event: "It's been almost six years since the first general draw, which took place on August 7, 2019. Today we take a new step toward a more participatory justice system, with a sense of belonging and social legitimacy."

This model not only expands the guarantees enshrined in the Constitution, but also opens the door to a more vibrant, diverse, and deeply representative justice system, in line with the universal ideals of human rights.

With this momentous step, Chaco is firmly weaving the dream of a truly intercultural justice system, where every voice, regardless of origin, is heard and respected. A justice system that recognizes the richness of diversity and embraces equity as a beacon, so that everyone can participate and be judged in a space of mutual respect, dignity, and belonging.



Zum Abschluss des Tages betonte die Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs der Provinz und engagierte Anhängerin des Geschworenensystems, Emilia Maria Valle, die institutionelle Bedeutung des Ereignisses: „Seit der ersten allgemeinen Ziehung am 7. August 2019 sind praktisch sechs Jahre vergangen. Heute machen wir einen neuen Schritt in Richtung auf eine partizipative, gesellschaftlich legitimierte Justiz, die allen ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt.“

Mit diesem Modell werden nicht nur die in der Verfassung verankerten Garantien erweitert, es werden auch die Tore zu einem lebendigeren, vielfältigeren und repräsentativeren, in Einklang mit den universellen Idealen der Menschenrechte stehenden Justizsystem geöffnet.

Die Provinz Chaco kommt mit diesem wichtigen Schritt dem Traum von einer wahrhaftig interkulturellen Gerichtsbarkeit näher, in der jede Stimme, unabhängig von ihrer Herkunft, gehört und respektiert wird, die Vielfalt als Bereicherung erkennt und Gleichheit anstrebt, damit die Teilhabe aller und die Beurteilung ihrer Handlungen in einem Umfeld gegenseitigen Respekts, der Würde und der Zugehörigkeit erfolgen kann.

Die Ziehung der indigenen Kandidat*innen für die Geschworenengerichte erfolgte aus dem geltenden Wählerverzeichnis auf der Grundlage der letzten beiden Ziffern der Personalausweisnummer. Aus diese Weise wurde eine vorläufige Liste von Geschworenen für die Gerichtsbezirke I bis VI erstellt. Für die Wahlbezirke I, II und V wurden 552 Wähler*innen aus dem Qom-Verzeichnis gezogen, außerdem für Wahlbezirk II 184 aus dem Moqoit-Verzeichnis. Im Wahlbezirk III und IV waren es jeweils 276 bzw. 184 Bürger*innen aus dem Moqoit-Verzeichnis; im Wahlbezirk VI wurden 414 Qom- sowie 276 Wichi-Bürger*innen gezogen.

Neben Valle wohnten der Ziehung bei: Richter Victor Del Rio; Carmen Delgado, Vorsitzende des Provinzparlaments; die Provinzabgeordneten Maida With und Dorys Arkwright, Regierungsminister Jorge Gómez; Carolina Meiriño, Generalsekretärin der Provinzregierung,; Maria Alejandra Ferreira, Generalberaterin der Provinzregierung; als Verantwortliche für den technischen Ablauf der Ziehung Adrián Veleff, Vorsitzender der Firma Ecom-Chaco, und Lucas Apud Masin von der Provinzlotterie; sowie Mitglieder indigener Gemeinschaften und Provinzbeamte.

Die Leiterin des Amts für Geschworenengerichte der Provinz, Fernanda Diez, und ihre Stellvertreterin, Maria Graciela Serial, nahmen als Beobachterinnen aus dem Saal der Provinzlotterie zusammen mit den Vorsitzenden des Verbands der Richter und Staatsanwälte, Fabiana Bardiani, und der Anwaltskammern der Wahlbezirke II, III und IV, Florencia Ávila, Cecilia Arroyo und Ivana Valverde, sowie der Anwaltskammer der Provinzhauptstadt Resistencia, José Galassi, teil. 


Presseberichte::

^Portal del Gobierno del Chaco 7/04/2025 Ver aquí

Diario Chaco 11/04/2025 Ver aquí

Diario La Voz del Chaco 11/04/2025 Ver aquí

Diario Tag 11/04/2025 Ver aquí

Portal Poder Legislativo de la Pcia. del Chaco Ver aquí

TN 24 11/04/2025 Ver aquí






jueves, 25 de abril de 2024

ARGENTINIEN, Chaco: Das erste indigene Gericht der Welt verurteilt des Mordes Angeklagte aus dem Qom-Volk

 

Das indigene Gericht

In der argentinischen Provinz Chaco wurde erstmalig ein Geschworenengericht gebildet, dessen zwölf Angehörige allesamt den indigenen Völkern Qom und Wichi angehörten. Das Gericht befand zwei Männer des Qom-Volkes wegen Mordes für schuldig.

Die Angeklagten Jorge Ángel Díaz (Täter) und Matías Custodio Gabriel Aranda (Gehilfe) wurden durch das erste vollständig mit Indigene besetzte Geschworenengericht in Lateinamerika wegen des Todes des jungen Bruno Gabriel Quiroga bei einer Messerstecherei verurteilt. Dieser gehörte ebenfalls dem Qom-Volk an.

Quiroga wurde von Díaz in den frühen Morgenstunden des 11. Juni 2022 im Stadtteil Curishi Kleinstadt Juan José Castelli in der nordargentinischen Provinz Chaco tödlich verletzt. Die Tatwaffe war ein Gaucho-Messer, das Aranda dem Täter reichte. Mit diesem traf er die Oberschenkelvene des linken Beins des Opfers und verursachte ihm so die tödliche Wunde.

Da die Stichwunde am Bein war, versuchte die Verteidigung die Geschworenen davon zu überzeugen, dass der Täter keine Mordabsicht gehegt habe. Erfolglos: auch die Angehörigen seines eigenen Volkes urteilten, dass der Stich mit Tötungsabsicht ausgeführt worden war.



Der historische Prozess fand in der Stadt Juan José Castelli im Herzen des Nationalparks El Impenetrable“ statt, wo die indigenen Völker Qom, Wichi und Mocoví seit knapp zwölftausend Jahren leben.

Durch das 2015 erlassene und 2020 reformierte Geschworenengerichtsgesetz der Provinz Chaco sind bei der Zusammensetzung der Geschworenengerichte drei Voraussetzungen zu erfüllen, die auf der Welt einzigartig sind. 

Zuerst sind die Geschworenengerichte hälftig durch Männer und Frauen zu besetzen. Gehört der oder die Angeklagte einem indigenen Volk an, müssen außerdem sechs der zwölf Geschworenen ebenfalls Indigene sein, wie es vom 12. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts im angelsächsischen common law (jury de medietate linguae) üblich war. Wenn sowohl Opfer als auch Angeklagte Indigene sind müssen außerdem - und hierbei handelt es sich um ein Novum weltweit - sämtliche zwölf Geschworenen ebenso Indigene sein. (sehen) (sehen) (indigenous jury)

Diese Konstellation ergab sich nun erstmals, wodurch diesem Gerichtsfall eine herausragende historische und politische Bedeutung zukommt: Das Opfer gehörte ebenso wie der Angeklagte dem Volk der Qom an. Es wurde das erste vollständig aus Indigenen bestehende Geschworenengericht der Welt gebildet. 

Dieses bestand aus jeweils vier Qom- sowie zwei Wichi-Frauen und Männern. Zwar erfolgt die Vorauswahl der Geschworenen bisher noch über die allgemeinen Wahlregister und damit waren zunächst auch Nicht-Indigene potenzielle Geschworene in diesem Fall. Die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung entschieden jedoch gleichermaßen, diese auszuschließen und damit die gesetzlich vorgesehene Zusammensetzung des Gerichts zu ermöglichen.



Elizabet González, Loxoi´che
(Anfürherin des Qom Volkes)

"Es sind historische Tage für unsere Volker"

Elizabet González, Anführerin (Loxoi´che) des Qom-Volkes und Bindeglied zwischen den indigenen Völkern und der Justiz, war Zeugin des gesamten Prozesses und erklärte, es seien „historische Tage für unsere Völker“. Sie bezeichnete die Erfahrung als „sehr beeindruckend“ und erklärte, es sei „bewegend, unter achtzig potenziellen Geschworenen zweiundzwanzig Angehörige der indigenen Völkern Qom und Wichi zu sehen“

González erklärte, dass auf Anordnung des Richters Raúl Rach „Übersetzer und Dolmetscher der Justiz für die indigenen Sprachen Qom und Wichi bei der Sitzung zur Auswahl der Geschworenen anwesend waren“, ebenso „in einigen Situationen, die insbesondere unsere Wichi-Brüder und -Schwestern betrafen, damit diese einige Fragen verstehen konnten, die in der Auswahlphase gestellt wurden“

In dieser wurden nicht den indigenen Völkern angehörende potenzielle Geschworene sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch von der Verteidigung abgelehnt.

Die Qom-Anführerin hob die „historische Bedeutung der Gespräche, die ich mit diesen Geschworenen führen konnte und der Teilhabe daran” hervor und es sei dabei „das große Engagement und die große Verantwortung, die ihnen zukam“ betont worden.

Abschließend forderte sie den Bundesstaat Chaco auf,  „dem Artikel 4 des Gesetztes 2374-b Folge zu leisten, der die Verfassungsanfrage zur formellen Implementierung des indigenen Geschworenengerichts vorschreibt“.


Die Angeklagten und der Staatsanwalt

Der Richter in diesen Fall war Raúl Rach, der Staatsanwalt Carlos Fabricio Calvo und die Nebenklägerin Carolina Aquino. Die Angeklagten wurden von den Pflichtverteidigern Iván Lozina und Gustavo Kleisinger vertreten. Für die Durchführung des Verfahrens war das Justizbüro für Geschworenengerichte unter der Leitung von Dr. Alejandro Darío Pellizzari verantwortlich.


DAS URTEIL


Mehr Nachrichten hier:

- La Nación (1/05/24): "Un homicidio, dos acusados. Se hizo en la Argentina el primer juicio por jurados indígena del mundo" (ver)

- Perfil (1/05/24): "Cómo fue el primer juicio por jurado del mundo integrado solo por indígenas" (ver)

- Poder Judicial de Chaco (24/04/24): "Histórico: Jurado popular íntegramente indígena actuó en juicio contra imputados qom" (ver)